In den 1960-Jahren sollte ein Mega-Projekt im Süden Teneriffas entstehen: Im Barranco von El Río wurde ein Staudamm gebaut, der die Wasserknappheit in der Region beenden sollte. Doch das Vorhaben scheiterte spektakulär und ist seit Jahrzehnten sich selbst überlassen.

 


 

 

Die damalige Regierung versprach sich viel von dem ehrgeizigen Projekt. Der Plan, den Barranco von El Río aufzustauen, klang ja grundsätzlich auch sinnvoll. Und so wurde aus Tonnen von Beton ein Bauwerk mit mehr als 50 Metern Höhe und rund 110 Metern Spannweite errichtet. Doch in Betrieb ging der Damm bis heute nicht.

Einer der Gründe: Es stellte sich heraus, dass das Gestein rund um die Staumauer sehr wasserdurchlässig war. Aber das fiel erst auf, als der Damm so gut wie fertiggestellt war. Das Bauwerk konnte daher nicht wie wie geplant seinen Dienst aufnehmen.

Blick auf die Staumauer und einen Teil der Schlucht von El Río.
Blick auf die Staumauer und einen Teil der Schlucht von El Río.
Oben auf der Staumauer verläuft ein schmale Straße, der auf beiden Seiten in Schotterwege mündet.
Oben auf der Staumauer verläuft ein schmale Straße, der auf beiden Seiten in Schotterwege mündet.

In den folgenden Jahren und Jahrzehnten gab es von Seiten der wechselnder Regierungsparteien immer wieder Überlegungen, den Damm doch noch seiner Bestimmung zu übergeben. So wurde laut einigen Quellen aufwändig versucht, die Risse im Vulkangestein durch Beton zu verschließen. Aber auch dies scheiterte, da das Vulkangestein des Barrancos generell sehr durchlässig ist.

Wobei das Wasser an sich schon ein Problem darstellt: Es gibt im Barranco El Río schlichtweg zu wenig davon. Zwar münden einige kleinere Bäche dort, aber die Wassermengen sind normalerweise viel zu gering, um den geplanten riesigen Stausee vor der Mauer aufzufüllen.

Hier findet ihr mein Video mit Außen- und Innenaufnahmen des Damms:

Zwar kommen im Süden Teneriffas auch in jüngerer Zeit hin und wieder Diskussionen auf, wie der Damm doch noch als Wasserspeicher genutzt werden kann. Aber konkret getan hat sich seit langem nichts mehr.

Und so ist der Staudamm heutzutage ein ganz besonderer Lost Place auf der Kanareninsel. Besonders auch deswegen, weil er quasi komplett „durchwandert“ werden kann. Die gesamte Staumauer ist auf mehreren Ebenen von Gängen durchzogen.

Neben dem Damm rostet dieser alte Kran vor sich hin.
Neben dem Damm rostet dieser alte Kran vor sich hin.
Durch diesen Durchgang gelangt man ins Innere der Staumauer.
Durch diesen Durchgang gelangt man ins Innere der Staumauer.

Ins Innere der Staumauer gelangt man am einfachsten über den Eingang, der sich direkt links neben dem großen Überlauf befindet. Hier gab es wohl mal eine vergitterte Tür, aber die ist schon seit Jahren nicht mehr vorhanden. Auf dieser ersten Ebene kann man vom einen Ende der Staumauer zum anderen gehen, an den Enden ist der Fels des Berghangs zu erkennen. Die Gänge sind recht geräumig und haben normale Stehhöhe.

Warnung: Es gibt ungesicherte Treppen und Bereiche, in denen das Risiko besteht, abzurutschen oder in die Tiefe zu fallen! Im Inneren des Damms ist es stockfinster und ziemlich staubig.

Taschenlampen und Fotolicht sind unverzichtbar: Im Inneren ist es stockfinster.
Taschenlampen und Fotolicht sind unverzichtbar: Im Inneren ist es stockfinster.
Das zweite „Untergeschoss“: Hier gibt es mehrere Abzweigungen, die weiter in die Anlage hinein führen.

Eine Treppe führt weiter nach unten. Auf dieser zweiten Ebene gibt es mehrere Abzweigungen, so dass ein gewisser Orientierungssinn unerlässlich ist. Zudem gelangt man hier weiter nach unten in die Anlage. Diesen Bereich habe ich nicht mehr erkundet, aber es ist möglich, von dort zu einem Ausgang zu gelangen, der sich unterhalb der Überlaufkante der Staumauer befindet.

Hier findet ihr eine Bildergalerie mit 22 Fotos vom Staudamm El Río und der Umgebung (Klick auf die Bilder führt zur Großansicht):

Oberhalb der Staumauer befinden sich noch einige verlassene Gebäude, möglicherweise waren hier während des Baus Arbeiter untergebracht, oder sie sollten als Unterkunft und Büros dienen, wenn die Anlage in Betrieb gegangen wäre. Zudem gibt es einen alten, verrosteten Kran – diesen zu Betreten kann ich nicht empfehlen.

In der Nähe der Gebäude steht eine Skulptur, die aus mehreren aufgestapelten Betonelementen besteht. Diese ist erheblich jünger als Staumauer und Gebäude – aber welche „Aussage“ sie hat oder von wem sie stammt, konnte ich nicht herausfinden.

Alles in allem lohnt sich ein Besuch dieses imposanten Lost Place – auch für Personen, die die Staumauer nicht von innen erkunden wollen. Die Schlucht von El Río ist landschaftlich sehr reizvoll und der Damm lässt sich auch gut als Ziel oder Zwischenziel in eine Wanderung integrieren. Tolle Tipps dafür erhaltet ihr auf der Seite „Mein Teneriffa – Mi Tenerife“.

Staudamm von El Río – Erreichbarkeit und Parkmöglichkeiten

Erreichbar ist dieser Lost Place mit dem Auto am besten vom Ort El Río aus. Von dort folgt man der Calle San Bartolomé in nordwestlicher Richtung. Sie Straße wird recht schmal, ist aber gut befahrbar. Auf der linken Seite taucht nach einiger Zeit eine Finca mit zwei Adlerstatuen am Eingangstor auf. Dort kann an der Straße geparkt werden, oder man stellt das Auto ein paar Meter weiter neben der Straße auf einem unbefestigten Platz ab.

Neben dem Grundstück der Finca führen mehrere Trampelpfade in Richtung der Schlucht von El Río. Nach ein paar Minuten Fußmarsch ist die Staumauer zu sehen. Ein schmaler Pfad führt von oben in den Barranco hinab. Hier geht es teilweise recht steil hinunter, aber bei trockenem Wetter und mit festem Schuhwerk ist der Weg auch für Ungeübte machbar. Zum Teil sind sogar Treppenstufen vorhanden. 

Unten angekommen hält man sich links und erreicht nach wenigen Metern die Staumauer. Ist diese überquert, führt links ein Weg weiter nach unten. Hier geht man unterhalb eines verlassenen Krans in Richtung Staumauer. Dort befindet sich auch der obere Eingang des Damms.

Wichtig: Wenn ihr meint, die Anlage betreten zu müssen, beachtet bitte, dass es im Inneren stockfinster und sehr staubig ist. Es existieren mehrere Ebenen und verschiedene Abzweigungen, so dass die Gefahr besteht sich zu verirren! Es gibt steile Treppen und vor allem in den unteren Ebenen Stellen, an denen akute Stolper- und Sturzgefahr droht. Erkundet das Innere des Damms auf keinen Fall allein und habt eine Person draußen, die im Notfall Hilfe holen kann. Handyempfang gibt es in dem massiven Betonbauwerk logischerweise nicht.

Lage der einzelnen Teile der Anlage